An jedem verdammten Montag…

Mein Magen zwickt. Zwar ist es mir bisher gut gelungen, die belastenden Gedanken in Zaum zu halten, aber heute muss ich nach dem freien Wochenende wieder zur Arbeit. Ich fühle mich so ausgeliefert und angespannt. Wieder funktionieren, wieder aushalten, wieder kämpfen. Langsam beschleicht mich die Furcht, durch alle negativen Erfahrungen paranoid geworden zu sein. Ich zweifle an meinem Urteilsvermögen, an meinem Erleben und Empfinden. Kollegen machen Fehler, reissen mich mit rein, versuchen, mir die Schuld zu geben und verneinen ihre Schuld. Kollegen kommen zu Gesprächen dazu, hören mit und machen mich dann vor versammelter Mannschaft nieder. Zufall? Schlechter Tag? Normal am Arbeitsplatz? Bin ich zu dünnhäutig? Soll ich ihnen aus dem Weg gehen oder bin ich dann erst recht ein schräger Vogel?

Apropos paranoid… ungefähr 1 Woche lang parkte direkt unter unserem Wohnzimmerfenster ein schwarzer Kleintransporter mit getönten Scheiben. Das hat mich beunruhigt. Mein Mann meinte scherzhaft, es sei das A-Team *lach. Ob ihr es glaubt oder nicht, mein erster Gedanke war: Ich werde observiert. Kein Scherz.

Ich spüre, wie die Tränen in mir aufsteigen. Bitte haltet mich nicht für faul oder arbeitsscheu, bitte nicht. Ich will arbeiten, ich will meinen Beruf ausüben, ich will Geld verdienen, ich will so sein wie jeder normale Mensch. Eine Zeit lang dachte ich: Jetzt hast du´s geschafft, jetzt geht es nur noch aufwärts 🙂 Leider ein Trugschluss; die Angst findet oft Mittel und Wege, um sich wieder bemerkbar machen zu können. Wie ich gelesen hab, ist dass fast immer so bei sozialer Phobie. Das gekoppelt mit meinem ADHS, sprich der Impulsivität, dem Gerechtigkeitssinn und der Gefühlslabilität, ist eine explosive Mischung.

Ob ich nun will oder nicht, ich muss wieder in Therapie. Die eine negative Erfahrung mit Psychotherapie darf mich nicht davon abhalten, mir Hilfe zu holen. Sicherlich hab ich schon in Eigenregie sehr viel geschafft, aber ganz allein geht es nicht.

Wenn ihr möchtet, hinterlasst mir einen netten Kommentar, irgendetwas, was mich ein bisschen aufbaut. Bin grad so am Boden, jedes liebe Wort spendet mir Kraft.

Eure Sprotte

Rote Schuhe

Noch schnell tanken, Hülsen kaufen und dann ab auf die Couch 🙂 Haushalt ist erledigt, ab jetzt wird nur noch relaxed. Als ich in unsere Einfahrt abbog, wunken mir zwei Kinder zu. Ich grinste und erwiderte den Gruß. Als ich ausstieg, standen die beiden Mädels hinter meinem Auto und fragten: „Wo ist denn dein Hund?“ „Der liegt auf dem Sofa, dem ist zu heiß“, antwortete ich. Sie erzählten mir vom Eismann, auf den sie warteten und zeigten mir ihre Schminkkoffer. Dann deutete eine auf meine Ballerina. „Du hast ja schöne rote Schuhe.“ sagte sie. Ich bedankte mich. Sie fuhr fort: „So rot wie Blut und ein Herz.“ BÄM! Solche poetischen und düsteren Worte aus dem Mund eines vielleicht 5jährigen Mädchens! Ich hab sie sofort ins Herz geschlossen 🙂

Meeresrauschen

Eben war ich mit unserem Hund spazieren. In der Nähe gibt es ein schattiges Plätzchen mit Sitzgelegenheit, wo wir Rast gemacht haben. Während unser Kurzer sich mit seinem Futter Dummy und dem Wasser beschäftigt hat, saß ich da, rauchte eine und dachte über meine Situation nach, während ich aufmerksam die Umgebung beobachtete. Zum Glück sah ich hinter den Fenstern niemanden, der Anstalten machte, uns zu beobachten und Fußgänger waren auch spärlich gesät, sodass ich einigermaßen entspannt gewesen bin. Emotionen entstehen durch Bewertungen, dass weiß ich ja. Je nachdem, wie ich persönlich eine Situation bewerte, reagiere ich. Und Bewertungen entstehen durch Denkmuster. Bisher habe ich es gut geschafft, negative Gedanken in den Griff zu bekommen, indem ich im Kopf entweder auf Durchzug stellte oder innerlich konterte. Bedingt durch die soziale Phobie beschäftige ich mich innerlich oft mit mir selbst und mache mich selbst wahnsinnig, indem ich Perfektionismus anstrebe, mich mit anderen vergleiche und Konflikte als Weltuntergang erachte. Also auch ein gedankliches Problem. Gedanken = Bewertungen = Emotionen. Wenn ich im Inneren also auf Meeresrauschen schalte, dann können auch keine Symptome entstehen. Von weitem näherte sich ein Pärchen. Sofort wurde ich wachsamer. Und die Maschinerie setzte sich in Gang. Was werden die wohl von mir denken? Mit aller Kraft verdrängte ich jeden Gedanken, ein fades Gefühl blieb. Ok, nicht perfekt, aber ausbaufähig. Eine ältere Dame mit Trolli schlenderte den Weg entlang. Meeresrauschen. Ok, das war schon besser 🙂 Kurze Zeit später gingen wir noch ein Stück und ich bemühte mich, zur Abwechslung mal an nix, aber auch garnix zu denken. Nur Meeresrauschen. Meiner Konzentration tat es übrigens sehr gut 🙂 Und dadurch, dass sich meine Aufmerksamkeit mal nicht um mich, also mein Aussehen, meine Körpersprache und meine Ausstrahlung drehte, konnte ich die Umgebung und die Natur sehr genießen. Hinter uns kam ein Mann näher. Kurz schrillten die Alarmglocken, dann konnte ich auf Meeresrauschen stellen. Ein leichtes Angstgefühl blieb, aber kein Vergleich zu sonst. Super 🙂

Jetzt heißt es: Üben üben, üben. Ab unter Menschen. In Großmärkten einkaufen, in der Rush-hour über die Autobahn, Gespräche mit Kollegen suchen. Konfrontation + Meeresrauschen. Drückt mir die Daumen, ich muss das 21 Tage aushalten und üben, dann ist es automatisiert 🙂

In den Klauen der Angst

Trotz aller Strategien und pflanzlicher Mittel zur Dämpfung haben mir die sozialen Ängste diese Woche sehr zugesetzt. Und werden immer stärker. Noch kann ich arbeiten, Auto fahren und einkaufen. Aber es steuert allmählich auf einen Meltdown zu.

Ich kann nicht mehr abschalten. Immer und überall spüre ich Angst, Unsicherheit und Beklemmung. Wenn ihr diesen Zustand nicht kennt- sinkt auf die Knie und dankt eurer Gottheit dafür. Es ist die Hölle. Mit der Angst kommen die Befürchtungen und Gedanken. Werden die Menschen mich akzeptieren? Komme ich an? Blos keinen Fehler machen! Nach dem Einkauf befürchte ich, die Alarmsicherung könnte losgehen und alle Anwesenden halten mich für eine Ladendiebin. Fährt mir jemand dicht auf, denke ich, ich bin eine Verkehrsbehinderung. Verhalten sich Kollegen mir gegenüber unfair, habe ich Panik, in Ungnade zu fallen. Kommt mir jemand beim Spaziergang mit dem Hund entgegen, fallen mir sofort alle Makel ein- Frisur sitzt nicht, Fleck auf der Jeans, Uhr passt farblich nicht zu den Schuhen.

Noch schaffe ich es, mich der Angst zu stellen und mich nicht einschränken zu lassen. Sprich: Ich nehme aktiv am sozialen Leben teil. Aber jeden Tag wird es schlimmer. Am Dienstag habe ich einen Arzttermin, dann werde ich es ansprechen und hoffentlich dämpfende Medikamente bekommen. Ich schaue mich nach Selbsthilfegruppen um. Nach der letzten Therapie bzw. dem Desaster, will ich erstmal keine therapeutische Hilfe mehr in Anspruch nehmen.

Ich setzte sehr viel Hoffnung auf unseren Umzug. Raus aus der Assi-Gegend und rein in die Natur. Ein neues Umfeld, neue Gesichter, neuer Job.

Lioran (Passionsblume) – Erfahrungsbericht

Wie angekündigt kommt hier mein Erfahrungsbericht zu Lioran als Alternative zu Medikinet.

Da Medikinet mir das Gefühl gibt, auf einem Drogentrip zu sein und ich die Dosis immer weiter erhöhen musste, habe ich irgendwann aufgehört, es zu nehmen. Zum Glück keine Entzugserscheinungen wie damals bei Citalopram (Antidepressium) 🙂

Um meine Stimmungsschwankungen in den Griff zu bekommen, habe ich mir dann Lioran (frei verkäuflich in Apotheken, pflanzliche Basis, Wirkstoff: Passionsblume) besorgt. Dann habe ich im Internet gelesen, dass Lioran als pflanzliche Alternative zu chemischen Medikamenten bei ADHS eingesetzt wird.

Die Wirkung ist zwar deutlich geringer im Gegensatz zu Medikinet, aber spürbar 🙂 Und ohne dass Gefühl, auf einem Trip zu sein. Ich fühle mich ruhiger, konzentrierter und stabiler. Morgens, Mittags und Abends nehme ich einen Drop. Lt. Packungsbeilage kann es bis zu 2 Wochen dauern, bis Lioran seine volle Wirkung entfaltet, ich habe es schon in den ersten Tagen gespürt.

Anmerkung: Bevor ihr jetzt eure Medikation absetzt und zu pflanzlichen Mitteln greift, bedenkt bitte, dass ich zusätzlich noch viele Kompensationsstrategien anwende, um im Alltag zurecht zu kommen. Nur weil ich jetzt ohne Chemie klarkomme, heißt das nicht, dass Lioran ein Allheilmittel bei ADHS ist. Handelt also bitte besonnen und haltet ggf. Rücksprache mit eurem behandelnden Arzt.

Akzeptanz

Für mich ist es an der Zeit, voll und ganz zu akzeptieren, dass ich anders bin. Für mich gelten andere Regeln und Gesetze. Da kann ich mich noch so mainstream kleiden, Kontakt zu anderen Menschen suchen oder „normalen“ Freizeitbeschäftigungen wie Discothekenbesuche nachgehen.

Wenn ich weiterhin versuche, mich an eine Welt anzupassen, welche nicht meine ist, gehe ich zugrunde. Es ist zu anstrengend.

Zwar kann ich nicht die Welt an mich anpassen, aber ich kann mir eigene Nischen schaffen 🙂

Super Forum, super Leute, super Stimmung, supergeil :)

Supergeil

Hab durch einen Aufruf von Missy, einer anderen Bloggein, ein supergeiles Forum für Frauen und Männer mit psychischen Störungen, entdeckt. Endlich mal keine ungewollten Ratschläge, keine Trolle, keine dummen Sprüche. Ganz anders, als ich es bisher kennengelernt hab 🙂 Und ich hab schon einige Erfahrungen mit Internet-Foren gemacht.

Join it: Fighter Forum

Briefverkehr mit der sozialen Phobie

Hallo soziale Phobie,

du begleitest mich schon seit meiner Kindheit. Zwar wusste ich lange deinen Namen nicht, aber immer warst du präsent, in der Schule, unterwegs, zuhause. Wie oft war ich deinetwegen schon vor Angst wie erstarrt, habe geweint und fühlte mich als Mensch zweiter Klasse! Du machst mich unsicher im Umgang mit anderen Menschen, lässt mich die schlimmsten Erwartungen haben, zwingst mich, überangepasst zu sein und sorgst dafür, dass ich immer übertrieben auf mein Äußeres, meine Körpersprache und meine Wortwahl achte. An den Wochenenden kann ich nicht entspannen, weil ich an Montag denke. Auf der Arbeit vergleiche ich mich mit meinen Kollegen und schneide dabei immer viel schlechter als sie an. Schaut mich jemand auf der Strasse an, denke ich sofort, er will mir böses. Höre ich im Geschäft ein Lachen, denke ich sofort, man lacht über mich. Spricht mich ein Spaziergänger an, denke ich sofort, ich hätte etwas falsch gemacht. Deinetwegen kann ich nur schlecht abschalten und habe Nachts Albträume von Menschen, die mich ablehnen. Ablehnung ist lebensbedrohlich für mich, jedenfalls fühlt es sich so an, weil du dafür sorgst, dass es so ist. Manchmal bist du stärker vorhanden, mal schwächer und manchmal glaube ich, unsere Wege hätten sich getrennt. Dann fühle ich mich selbstsicher und frei. Aber schon im nächsten Moment fühle ich deine Anwesenheit wie ein Damoklesschwert, das über mir hängt.

Mit freundlichen Grüßen,

Sprotte

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Hallo Sprotte,

ja, wir kennen uns jetzt schon sehr lange. Ich bin allgegenwärtig und passe auf dich auf. So böse, wie du mich findest, bin ich nämlich garnicht. Auch wenn es dir nicht so vorkommt, versuche ich alles in meiner Macht stehende, um dich zu beschützen. Als du noch ein kleines Mädchen warst, hat man dir sehr oft wehgetan, dich kritisiert, nur beachtet, wenn du dich brav verhalten und Leistung gebracht hast. Als Kind bist du darauf angewiesen, angenommen und geliebt zu werden, denn sonst gehst du ein wie eine Blume ohne Wasser. Du warst auf deine Eltern angewiesen und durftest es dir nicht erlauben, ihre Liebe und Anerkennung zu verlieren, denn sie versorgten dich mit Essen, Kleidung und allem, was du brauchtest. Erwachsene sind ein komisches Volk. Sie wollen nur dein Bestes und spornen sich zu schulischen Höchstleistungen an, damit es dir später besser geht als ihnen und du einen angesehenen Job ergreifst, in welchem du gut verdienst. Leider haben sie es extrem übertrieben. Sie haben auch nicht gewusst, dass sie dir mit ihrem jähzornigem und vermeidendem Verhalten so sehr schaden. Deine Lehrer waren schlicht und ergreifend überfordert und deine Mitschüler waren neidisch und boshaft. Überall bekamst du Druck, nie fühltest du dich sicher. So bin ich entstanden. Menschen sind, wie du gelernt hast, eine Bedrohung und du bist gleichzeitig auf sie angewiesen. Denn ohne ihre Anerkennung bist du nichts. Wenn jemand sauer auf dich ist, weil du seine Meinung nicht teilst, ihm einen Gefallen ausschlägst oder einen Fehler machst, ist deine Existenz, dein Leben und dein Dasein bedroht. Ich sorge dafür, dass du in dieser Welt zurechtkommst, ohne unterzugehen. Ich erinnere dich daran, dass du dir keine Schwäche leisten kannst. Ich sorge dafür, dass du anerkannt und geliebt wirst, denn ohne die Liebe und Anerkennung anderer bist du nichts.

Liebe Grüße,

deine soziale Phobie.

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Hallo soziale Phobie,

auch, wenn du es gut meinst, du schadest mir mehr, als dass du mir hilfst. Deinetwegen traue ich mich fast nicht mehr, alleine einzukaufen. Was kann ich tun, um dich loszuwerden? Mal abgesehen von Psychotherapie; du weißt ja, was in der letzten Therapie passiert ist.

Machs gut,

Sprotte

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Hallo Sprotte,

wenn du mich nicht mehr brauchst, um zu überleben, werde ich verschwinden. Vielleicht werde ich hin und wieder mal an die Tür klopfen, aber kein Dauergast mehr sein.

Je mehr du dich selbst liebst, desto weniger bist du darauf angewiesen, von anderen geliebt zu werden. Verzeih dir selbst deine Fehler, dann bist du nicht mehr angreifbar. Sei dir selbst dein bester Freund. So klein, wie du dich durch mich fühlst, bist du nämlich garnicht. Jetzt bist du erwachsen und nicht mehr anderen Menschen auf gedeih und verderb ausgeliefert.

(Cool, wenn ich gleichzeitig STRG und + drücke, vergrößert sich der Bildschirm und bei STRG und – verkleinert er sich… *räusper, weiter im Text)

Geh Konflikte offen an, geb Widerworte, mit anderen Worten: Mach dich unbeliebt. Du wirst sehen, der schlimmste Fall wird nicht eintreten. Du wirst nicht aufhören zu existieren, du wirst nicht alles verlieren, du bist kein schlechter Mensch.

Alles Gute,

deine soziale Phobie.

Welpe allein zuhaus

Heute musste unser Charly sehr lang allein zuhause bleiben. Und hoffentlich nie wieder so lange! Die ganze Zeit über hatte ich im Hinterkopf die übelsten Horrorvorstellungen von Magendrehungen, epiliptischen Anfällen und plötzlichem Kindstod.

Gestern eröffnete mein Mann mir, dass er Frühschicht hat. Das kommt extrem selten, eigentlich nie, vor. Und dazu kam, dass ich länger als gewöhnlich beruflich unterwegs sein würde. Wir haben unsere Arbeitszeiten im Normalfall so gelegt, das ich Früh- und er Spätschicht hat, sodass unser Sohnemann nie längere Zeit allein sein muss und ich arbeite wegen ihm nur Teilzeit. Fuck! Einen guten, vertrauensvollen Hundesitter haben wir hier nicht, die Nachbarn können aufgrund von Zeitmangel und Schwangerschaften nicht auf ihn aufpassen und kurzfristig konnte ich keinen Platz in der Tierpension bekommen. Diese Szenerie sollte eigentlich niemals auftreten. Aber wie so oft im Leben kommt es nie so, wie geplant.

Also bin ich heute extrem früh aufgestanden, hab mit dem Kurzen eine lange Runde gedreht, hab mit ihm getobt und ihn gefüttert und gewartet, bis er sich in seine Hundebox gelegt hat. Apropos Hundebox: Kann ich jedem empfehlen, dessen Hund ein Kontrollfreak ist und in Abwesenheit des Halters jault und aus Frust die Wohnung zerlegt. Das hat unser Sohnemann früher sehr gern getan. Nicht mal allein auf die Toilette konnten wir gehen, sofort ist er hinterhergelaufen und hat vor der verschlossenen Tür gejault wie ein Wolf. Ängste? Mitnichten! Draußen vergisst er unsere Anwesesenheit, wenn er mit anderen Hunden über die Wiesen tobt und ist auch ohne Sichtkontakt ein souveräner Hund. Der Schlingel glaubt, er müsse auf uns aufpassen und will uns deswegen im Auge behalten. Darauf kamen wir durch unsere Tierärztin, welche wir kurz nach seinem Einzug deswegen konsultierten. „Sie haben einen super lieben, sehr gut sozialisierten und wohlerzogenen Hund. Der hat keine Bindungsängste, er ist ein Kontrollfreak!“ Ok, einer so, einer so. Also arbeiteten wir daran. Aber nicht mal eine Minute konnte er allein bleiben, ohne, zu deutsch, hohlzudrehen. Wir gingen raus, er jaulte, wir warteten ab, bis er Luft holen musste, gingen wieder rein und ignorierten ihn, um ihm zu zeigen, dass es a) vollkommen selbstverständlich ist, wegzugehen und wiederzukommen, b) das wir das Privileg haben, hinzugehen, wo wir wollen und c) immer wiederkommen. Wir kauften ein Hormonhalsband, welches mutterähnliche Hormone absondert und beruhigend wirken soll und irgendwann sogar ein Anti-Bell-Halsband, was ihn, wenn er bellt, ansprüht und irritieren soll. Hat es was gebracht? Nein. Irgendwann gab uns dann eine Dame aus einer Zoofachhandlung den entscheidenen Tipp: Eine Hundebox. So hat er einen eigenen, begrenzten Raum, in welchem er sich sicher fühlt und dadurch, dass die Box wie eine Höhle wirkt, soll er sich entspannen können. Erst war ich total dagegen. Nicht mal für 1 Minute wollte ich meinen kleinen Sohnemann einsperren! Lieber wollte ich mir die Inneneinrichtung zerstören und die Wonung wegen Lärmbelästigug kündigen lassen! Aber ich wollte nichts unversucht lassen. Also kaufte wir die größte und beste Box, welche wir finden konnten und richteten sie mit Decken und getragenen Kleidungsstücken ein. Ich bespickte sie mit den feinsten Delikatessen. Und erlebte eine Überraschung: Sofort nahm Sohnemann sie an! Er ging hinein, drehte sich einmal, lies sich fallen, schloss die Augen und schnarchte bald. Wir konnten den Raum verlassen, ohne das er jaulte, endlich mal mehr als 10 Minuten die Wohnung verlassen, ohne auf der Strasse sein Heulen zu hören 🙂 Tiefenentspannter Hund, glückliche Hundeeltern. Seitdem er sein eigenes Reich, also sein „Kinderzimmer“ hat, folgt er uns auch innerhalb der Wohnung viel weniger.

Heute schlug meine soziale Phobie voll zu und überschwemmte mich regelrecht. Dann gab es auch noch Probleme auf der Arbeit, mein Magen rebellierte und ich zitterte so sehr, dass ich nicht mal mehr vernünftig schreiben konnte. Sehr oft schaute ich aufs Handy und erwartete angsterfült eine Nachricht, dass bei uns eingebrochen worden ist oder das Haus in Flammen steht. Im Radio hörte ich von einenm Fabrikbrandt ein paar Km entfernt und hätte am liebsten alles stehen und liegen gelasen. Als endlich Feierabend war, rannte ich nach Hause. Hoffentlich ging es unserem Kurzen gut, hoffentlich lebt er noch, hoffentlich ist keine Wespe durch einen Spalt gekrochen und hat ihn in den Rachen gestochen. Ich schloss die Wohnungstür auf, schmiss Jacke und Tasche in den Flur, ging ins Wohnzimmer, schaute in die Box- da lag unser Sohnemann schlafend und schnarchend auch dem Rücken, sichtlich glücklich und entspannt. Neben ihm eine geklaute Socke. Er machte seine Augen auf, gähnte laut, rollte sich auf den Bauch und schaute mich an, als wolle er sagen: „Was, schon wieder da?“ Während mein Herz noch wie wild schlug, schloss er wieder die Augen und pennte gemütlich weiter.

Das Schlimmste war, mir nichts anmerken zu lassen. Wie gern hätte ich ihn gedrückt und geküsst, aber das durfte ich nicht. Was in Menschensprache bedeutet: „Schön, die wieder zu sehen.“ bedeutet in Hundesprache „Es ist furchtbar, wenn wir getrennt sind, ganz schlimm, dieser Zustand muss vermieden werden, allein sein ist schrecklich!“ Also zwang ich mich zur Ruhe und setzte mich auf die Couch. Irgendwann ist unser kleiner Prinz dann aufgestanden, aus der Box marschiert und ich habe mit ihm eine große Runde gedreht und getobt. Eigentlich ist er kein Welpe mehr, er ist jetzt 1 Jahr und ein Junghund. Aber für uns wird er immer unser kleiner Junge bleiben 🙂

Endlich Feierabend! :)

Nach der Arbeit machte ich noch eine Runde mit unserem Hund, telefonierte mit unserer Werkstatt und machte mich dann daran, das große Gemeinschaftszimmer zu streichen. Schließlich soll bei der Wohnungsübergabe alles schniecke sein 🙂 Ich gebe euch einen guten Rat: Wenn ihr streichen wollt, kauft eine hochwertige Wandfarbe und hochwertige Pinsel. Als ich damals das Schlafzimmer gestrichen hab, musste ich 3x rüberstreichen und die Farbrolle war nach einem Zuge leer. Diesmal war ich schlauer und hab mehr Geld investiert, was mir viele Nerven und viel Zeit gespart hat. Wand für Wand kam ich vorwärts, zwischendrin saugte ich noch die Wohnung, versorgte die Tiere, wusch ab, wusch die Wäsche und kochte essen. Zwischendrin klingelte es noch an der Tür, 2 Mitarbeiter der Telekom eröffneten mir, dass wir jetzt Glasfaser haben. Cool. Wir wohnen höchstens noch 4 Wochen hier und jetzt bekommen wir eine schnelle Leitung, die wir nicht brauchen. Apropos, ich muss noch der Telekom bescheid sagen, dass wir umziehen 🙂

Jetzt bin ich fertig. So richtig fertig. Gleich lege ich mich auf die Couch, schnappe mir „Joyland“ von Stephen King und werde mich nur noch bewegen, um eine letzte, große Runde mit Charly zu drehen. Morgen streiche ich den Flur und fange schon mal damit an, den Keller zu entrümpeln.